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5 Fragen an ... Portfoliomanager Dr. Henrik Pontzen

Erstellt von Fabien Tronnier | | Business | GeldanlageNachhaltige Investments

Im Rahmen der Interviewreihe zum aktuellen Börsengeschehen stellen wir regelmäßig 5 ausgewählte Fragen an Experten aus dem Bereich Fonds- und Portfoliomanagement. Michael Pannwitz, Leiter des Bereiches Individualkunden der Volksbank BraWo, hat für unser viertes Interview mit Dr. Henrik Pontzen, Leiter der Abteilung ESG im Portfoliomanagement von Union Investment, gesprochen.

Wer ist Dr. Henrik Pontzen?

Dr. Henrik Pontzen ist seit Januar 2019 Leiter der Abteilung ESG im Portfoliomanagement von Union Investment. Er studierte Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Universität Kopenhagen und ist seit 2010 Lehrbeauftragter für Risikomanagement und -ethik an verschiedenen deutschen Universitäten. Seine Berufslaufbahn begann Dr. Pontzen als Unternehmensberater in der Finanzindustrie für die Firma Capco.

Anschließend war er zehn Jahre in verschiedenen Funktionen für die Großbank HSBC (Hongkong & Shanghai Banking Corporation Holdings PLC) tätig: Als Leiter der Institutional Client Group verantwortete er die produktübergreifende und globale Betreuung deutscher Asset Manager.

Davor betreute er Versicherungen und Asset Manager im Verwahrstellengeschäft der HSBC als Leiter Custody Sales. Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der HSBC leitete er das Business Risk Control Management in Deutschland und sieben weiteren europäischen Ländern.

Seit 2016 ist Dr. Pontzen zudem Vorstand der DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management).


Michael Pannwitz: Das Thema Nachhaltigkeit ist aktuell in aller Munde. Worin unterscheiden sich die Ausrichtungen bzw. die Begriffe "ESG" und "SDG"?

Dr. Henrik Pontzen: ESG ist ein Oberbergriff, der in der Regel mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt wird. Die Abkürzung steht für Environment, Social, Governance, zu Deutsch etwa Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese drei Faktoren beschreiben auch die Dimensionen, anhand derer wir Unternehmen auf ihre Nachhaltigkeit und damit auch auf ihre Zukunftsfähigkeit hin untersuchen. Nachhaltigkeit an sich wird ja oft mit Umweltschutz gleichgesetzt, ist aber eben viel mehr als nur das.

SDG beschreibt die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die Sustainable Development Goals. Sie umfassen etwa erneuerbare Energien, Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen. Wir können messen, inwieweit Investments einen positiven Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten, indem wir Umsatzanteile anschauen. So können wir beziffern, welche Unternehmen im Portfolio in welchem Rahmen die UN-Ziele unterstützen.

MP: Wie wirkt sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Rendite einer Geldanlage aus?

HP: Zahlreiche Studien belegen, dass nachhaltige Portfolios auf keinen Fall schlechter als konventionelle abschneiden. Viele Untersuchungen legen eher nahe, dass Anleger langfristig besser damit fahren. Denn wer ein Portfolio nachhaltig ausrichtet, der mindert einerseits die Risiken, etwa mit Blick auf mögliche Rechtsstreitigkeiten oder Reputationsprobleme durch Umweltschäden. Gleichzeitig ermöglicht die nachhaltige Analyse von Emittenten auch, Chancen besser zu identifizieren. Insbesondere im ökologischen Bereich suchen die Analysten nach neuen Geschäftsmodellen und Unternehmen, die beispielsweise vom Klimawandel profitieren, um hier einen positiven Anreiz zur nachhaltigen Transformation zu schaffen.

MP: Welchen Einfluss haben Sie als Fondsgesellschaft tatsächlich auf die Änderungen in einem Unternehmen?

HP: Im Mittelpunkt unseres Engagements steht die Einforderung der systematischen nachhaltigen Transformation der Unternehmen. Und unser aktives Engagement für den nachhaltigen Wandel der Wirtschaft zeigt nachweisbar Wirkung. Wir sehen es durchaus als Errungenschaft, dass beispielsweise RWE und BASF auf unser Drängen hin geprüft haben, ob und inwiefern ihre Lobbyarbeit im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzvertrag steht. Auch Heidelberg Cement hat nach intensivem Dialog hier jüngst Transparenz geschafft. Und nach kritischen HV-Reden und vielen ESG Dialogen hat auch Bayer zugesichert, bis 2030 klimaneutral werden zu wollen.

Nicht zuletzt deshalb führen wir pro Jahr rund 4.000 Gespräche mit Unternehmensvertretern, davon über 500 dezidiert zu Nachhaltigkeitsthemen. Oft geht es um kleinere Schritte, um leichte Anpassungen, um einfache Rückfragen oder Erklärungsansätze. Manchmal ist deutlichere Kritik nötig und manchmal harsche Worte bei der Hauptversammlung. Im Extremfall, wenn Dialoge, Forderungen und Abstimmungen nicht zum erhofften Ziel führen, dann gibt es nur noch eine Konsequenz: Verkauf der Position.

MP: Wie erreichen Sie bestmögliche Diversifikation bei Fokussierung auf nachhaltige Unternehmen? Insbesondere bei großen Fondsvolumen?

HP: Das Universum an nachhaltigen Unternehmen ist bereits jetzt groß, und es wird perspektivisch wachsen. Entscheidender aber ist: Nachhaltiges Investieren ist nicht gleichzusetzen mit dem Investieren in nachhaltige Geschäftsfelder. Die zentrale Frage ist: Wie nachhaltig geht ein Unternehmen seinem Geschäft nach? Und da sehen wir keinerlei Probleme, ein Portfolio ausreichend zu diversifizieren.

MP: Könnte die Fokussierung auf das Thema Nachhaltigkeit auch zu einer Blasenbildung bei geeigneten Unternehmen führen?

HP: Wir sehen aktuell keine Anzeichen für eine Blasenbildung, obwohl wir teilweise bei nachhaltigen Unternehmen hohe Bewertungsniveaus sehen. Das lässt sich allerdings durch das erwartete langfristige strukturelle Wachstum dieses Marktsegmentes mit regulatorischem Rückenwind erklären. Obwohl es zu einzelnen Korrekturen kommen kann, erwarten wir mittelfristig ansteigende Bewertungsniveaus. Als Investoren setzen wir zudem auf Unternehmen, die im Wandel begriffen sind, die bereit für eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit sind, die sich verändern wollen und das auch können. Hier sehen wir mehr Potenzial etwa zum Erreichen der Klimaziele. Denn die werden wir nicht erreichen, wenn wir nur die besten optimieren. Vielmehr gilt es, möglichst viele Unternehmen nachhaltiger zu machen. Aber auch als Investoren sehen wir hier größere Chancen, weil die noch nicht nachhaltigen Unternehmen einen größeren Bewertungsspielraum nach oben haben.

MP: Ich danke Ihnen für das interessante Gespräch!

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